Logopädie: Gesundheit und Lebensqualität ist Teamarbeit - Beitrag der BBS Friedrichshafen zum Tag der Logopädie
Am 6.3. findet der diesjährige Tag der Logopädie unter dem Motto statt: „Gesundheit und Lebensqualität ist Teamarbeit - Möglichkeiten der Logopädie kennen und nutzen.“ Zusammenarbeit stellt die Grundlage für die ganzheitliche Behandlung von Patienten dar. Logopäden als Experten auf dem Gebiet der Kommunikation sind hier gerne zu fachlichem Austausch bereit. Dieser Bericht beschreibt nur ein paar wenige Beispiele für Interdisziplinarität, wie sie an den Bernd-Blindow-Schulen in Friedrichshafen gelebt wird.
Die Lehranstalt für Logopädie mit der angeschlossenen Lehrpraxis ist nur eine der vielen Ausbildungsrichtungen, die an dem Berufsschulzentrum angeboten wird. Unter anderem werden hier auch Physio- und Ergotherapeutinnen und -therapeuten ausgebildet. „Dies stellt einen sehr großen Gewinn für unsere Schule dar“, berichtet Schulleiter Torben Kühl. „Denn immer wieder kommt es vor, dass wir bei unserer Arbeit mit Patienten an Grenzen stoßen. Der Kontakt mit den Nachbardisziplinen hat sich hierbei als sehr wertvoll für alle Beteiligten herausgestellt – wovon letztlich der Patient am meisten profitiert.“
Logopäden arbeiten mit Menschen aller Altersgruppen zusammen: Das können kleine Kinder sein, die nicht oder nur langsam beginnen zu sprechen. Aber auch ältere Menschen nach neurologischen Ereignissen wie z.B. einem Schlaganfall können die Fähigkeit zu sprechen verlieren. „Wir leben in einer Zeit, in der es für die Behandlung vieler Erkrankungen hochspezialisierte Fachkräfte gibt“, führt Herr Kühl aus. „Doch niemand kann den Betroffenen bei jedem Aspekt ihrer Beeinträchtigung mit seiner Therapie gerecht werden. Da ist interdisziplinäres Arbeiten und ein fachlicher Austausch mit Nachbardisziplinen zwingend erforderlich“. Menschen, die z.B. infolge eines unökonomischen Stimmgebrauch unter Stimmstörungen leiden, haben oftmals auch Verspannungen in der Schulter-/Nacken-/Halsmuskulatur. Hier kann eine kombinierte Behandlung von Physiotherapeuten und Logopäden wesentlich effektiver sein, als eine logopädische Therapie allein. Auch mit der Ergotherapie gibt es Bereiche, in denen ein gemeinsames Arbeiten sinnvoll ist. Herr Kühl erinnert sich an einen Fall aus der Lehrpraxis, wo ein Kind von Logopädieschülerinnen wegen Wortschatzeinschränkungen behandelt worden ist. Das Kind war unkonzentriert und sehr leicht ablenkbar. „Wir haben das große Glück, dass wir in solchen Fällen einfach auf Kollegen aus der Ergotherapie zugehen können. Die Eltern des Kindes waren einverstanden, dass eine Lehrkraft und Schüler:innen der Ergotherapie von einem Beobachtungsraum aus bei der Behandlung zusahen. Anschließend konnten wir nützliche Tipps im Umgang mit dem Kind bekommen, was unsere Arbeit stark erleichtert hatte.“
In der logopädischen Lehrpraxis der Schule lernen Schülerinnen parallel zur schulischen Ausbildung auch das praktische Arbeiten mit Patienten. Nachdem die theoretische Ausbildung für ein Störungsbild abgeschlossen ist, behandeln die Schüler:innen unter Anleitung eines Lehrtherapeuten echte Patienten. „Wir gehen davon aus, dass die Therapie durch eine Schülerin oder einen Schüler länger dauert, als wenn sie von einem ausgebildeten Logopäden durchgeführt wird“, berichtet Schulleiter Herr Kühl. „Doch in vielen Fällen haben wir die Beobachtung gemacht, dass die Behandlungen sehr gute Fortschritte machen und die Qualität der Therapie gar nicht schlechter ist, als anderswo. Das ist auch die Rückmeldung unserer Patienten.“ Herr Kühl führt das einerseits auf die Supervision durch erfahrene Lehrkräfte zurück und andererseits auch auf das bereits beschriebene interdisziplinäre Arbeiten mit den Kollegen aus den Fachrichtungen Ergotherapie und Physiotherapie.
Auch im Unterricht gibt es gemeinsame Projekte. Die Schülerinnen der Logopädie hatten schon lange den Wunsch gehabt, eine Handpuppe in der Therapie verwenden zu können, die „wirklich Karten fressen kann“. Frau Kunz, die Schulleiterin der Ergotherapie, machte dies möglich: Die Schüler:innen der Ergotherapie leiteten die Logopäden an, wie sie ein Krokodil als Handpuppe basteln konnten, dem man Karten in sein Maul schob, die dann in einem Beutel aufgefangen wurden. Dies war nicht nur ein schönes gemeinsames Projekt, es hatte auch einen inhaltlichen Nutzen für beide Schülergruppen: Die Ergotherapeuten lernten, wie sie zukünftige Patienten anleiten konnten, um durch praktische Arbeit, etwas herzustellen. Dies reaktiviert verlorenen gegangene Handlungskompetenzen zum Beispiel nach einer neurologischen Erkrankung. Die Logopäden erklärten den Ergotherapeuten im Anschluss, wofür sie die Handpuppe in ihrer Therapie einsetzen wollten: Aussprachegestörte Kinder müssen zunächst einmal lernen, dass es nicht nur relevant ist, WAS man sagt, sondern auch WIE man etwas sagt. Dem Krokodil werden in der Therapie dafür Karten von Bildern angeboten, die von dem Therapeuten einmal falsch und einmal richtig benannt werden. Das Krokodil darf nur die richtig ausgesprochenen Wörter „fressen“ – denn sonst bekäme es „Bauchschmerzen“. Es ist bei seiner „Futtersuche“ auf die Beurteilung des Kindes zwischen „richtig“ und „falsch ausgesprochen“ angewiesen. Die Handpuppe ist seitdem in der logopädischen Lehrpraxis im Einsatz.
Die Logopädieschüler:innen bedankten sich bei den Ergotherapeuten mit einem kleinen „logopädischen Geschenk“ zur Verbesserung der Mundmuskulatur.
Beitrag von Torben Kühl, Schulleiter der Logopädie an den Bernd-Blindow-Schulen Friedrichshafen
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